Von Timo Steffens. Seit einigen Monaten häufen sich auf Plattformen der Startup-Szene die Meldungen zu Finanzierungsrunden für Fintechs, die Produkte für Teenager entwickeln. In Deutschland wird bisher wenig über die neue Art Bankkonto für Jugendliche berichtet – wir gehen heute diesem Fintech-Trend auf den Grund.
Was ist „Banking for Teens“?
Im Kern verbirgt sich dahinter eine Banking-Lösung mit Fokussierung auf Teenager und ihre Bedürfnisse. Dreh- und Angelpunkt ist der Zahlungsverkehr, das Thema Sparen kommt als edukativer Aspekt hinzu. Kernprodukt aller dahinterstehenden Fintechs ist die eigene „Karte“ für Minderjährige. Das Alter der Zielgruppe variiert zwischen sechs und 18 Jahren. Eltern oder gesetzliche Vertreter werden als Entscheider miteinbezogen, denn sie sind verpflichtet, dem Produktabschluss zuzustimmen.
Den Lösungen der Fintechs ist gemein, dass sie nicht nur auf die Bedürfnisse der Teenager, sondern auch auf die der Eltern eingehen. Die Einbindung dieser erfolgt auf unterschiedliche Art und Weise. Teilweise gibt es für diese nur ein spezielles Informationsangebot auf der Website oder sie werden zu aktiven Finanzbegleitern ihrer Kinder und erhalten einen eigenen Zugang. In letzterem Fall können Eltern durch Transaktionsübersichten und Limiteinstellungen die Kontrolle über die Finanzen ihrer Kinder behalten, ihnen aber gleichzeitig den eigenständigen Umgang mit Geld beibringen. Einige Anbieter, wie beispielsweise Greenlight, setzen dabei auf sogenannte „chores“. Eltern stellen ihren Kindern Aufgaben, mit denen sie ihr Taschengeld aufbessern können.
Edukation in Bezug auf den Umgang mit Geld spielt bei fast allen betrachteten Fintechs eine zentrale Rolle. Dieser wird durch die Bereitstellung von zusätzlichen Informationen oder auch Kollaborationen mit wissenschaftlichen Einrichtungen Rechnung getragen. Eltern kommt hierbei eine besondere Bedeutung zu und die analysierten Lösungen können, zum Beispiel durch bereitgestellte Transaktionsübersichten, als unterstützendes Instrument bei dieser Aufgabe helfen.
Generation Z: Digital native mit relevanter Kaufkraft
Zur Generation Z gehören laut dem Pew Research Center alle, die nach 1996 geboren wurden (ca. 11 Mio. Geburten in Deutschland).
Die Generation Z ist dadurch geprägt, dass sie als erste Generation völlig digital aufgewachsen und durchgehend in sozialen Netzwerken unterwegs ist – real und digital geht eine Symbiose ein. Smartphones, so wie Technologie im Allgemeinen und digitale Lösungen sind in allen Lebensbereichen tief integriert.
Auch wenn der Großteil dieser Generation seine volle Kaufkraft erst noch entfalten wird, da viele sich noch in Schule oder Ausbildung befinden, verfügt die „Gen Z“ schon jetzt über eine relevante Kaufkraft. So geht beispielsweise aus der Jugendstudie der comdirect hervor, dass Jugendlichen in Deutschland im Alter zwischen 16 und 18 Jahren im Monat 239 Euro zur freien Verfügung stehen. Im Bundesdurchschnitt der 16- bis 25-Jährigen sind es bereits 362 Euro pro Monat.
Was unterscheidet die Lösungen der Fintechs von denen der etablierten Banken?
Der größte und vielleicht auch wichtigste Unterschied ist die Fokussierung auf die Zielgruppe der Minderjährigen. Die Fintechs adressieren ausschließlich Teenager und ihre Eltern als Zielgruppe und haben ihre Lösungen explizit auf die Bedürfnisse eben dieser zugeschnitten. Im Detail wird auch nochmal die Zielgruppe der Minderjährigen differenziert: So können Eltern beim britischen Fintech gohenry bereits ab sechs Jahren für ihre Kinder eine Visa-Karte bekommen, beim französischen Konkurrenten kard ist dies erst ab zwölf Jahren möglich. Minderjährige durchlaufen Lebensphasen, welche die Anbieter unterschiedlich adressieren.
Die Fokussierung und die „digitale DNA“ der Fintechs spiegelt sich im Produkt, der UX und Kommunikation wider.
Produkt
Nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass die Girocard ein ausschließlich deutsches Phänomen ist, bieten alle Fintechs im Bereich des „Banking for Teens“ eine Kreditkarte an. Kreditkarten ermöglichen online und offline Zahlungen, wobei ersteres zunehmend wichtiger für die Generation Z wird. So gaben in einer durch das Fintech pockid durchgeführten Studie 75 Prozent der Teenager an, dass sie gerne einen eigenen PayPal-Account oder eine Kreditkarte hätten, um online selbstständig zahlen zu können. Hierbei sei erwähnt, dass beispielsweise die Nutzung von PayPal erst ab 18 Jahren erlaubt und somit offiziell nicht nutzbar für die Zielgruppe ist. Mangels Alternative nutzt diese jedoch häufig die PayPal-Accounts der Eltern, was oft heimlich passiert. Dass sie auf die Zahlungsmethoden der Eltern zurückgreifen müssen, gaben ebenfalls 65 Prozent der befragten Teenager in pockids Studie an. Pockid selbst hat sich zum Ziel gesetzt, Europas erste Neobank für Teenager aufzubauen. Für die „Family & Friends“-Phase können sich Interessierte übrigens derzeit auf pockid.de anmelden.
UX und Kommunikation
Darüber hinaus zeigen Details in der UX und Kommunikation, wie die Gestaltung der Karte, dass die Fintechs ein besseres Zielgruppenverständnis aufweisen: goHenry ermöglicht zum Beispiel die Individualisierung der Karte durch Wahl des Namens (so wird aus „goHenry“ beispielsweise „goMaria“). Kard und Step haben bei ihren Card Designs auf eine „cleane“ Vorderseite geachtet. So können die jungen User ihre Karten auf sozialen Netzwerken teilen, ohne sensitive Informationen preiszugeben, weil diese auf die Rückseite verschwinden.
Die UX findet in der App statt, ebenso wie die Kommunikation zwischen Eltern und Teenagern. Dabei erinnert das Design an Apps wie Instagram und Tiktok. Einige Fintechs positionieren ihre Produkte bewusst als coole Lifestyleprodukte, die man gerne auf Instagram und Co. teilt.
Es wird spannend sein, zu beobachten, wie die GenZ auf die neuen Finanzlösungen reagieren und ob der „Unboxing Moment“ in Zukunft nicht mehr von Sparkasse und co. dominiert wird. Zumindest könnte diese Gruppe von Fintechs, im Gegensatz zu vielen anderen Startups, durch die Corona bedingte, erhöhte Kartenzahlung nachhaltig profitieren. Gerade jetzt scheint eine digitale Finanz- und Bezahllösung für Teenager gefragter denn je!
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Auf finletter kommen gelegentlich Gastautor:innen zu Wort.