Strategieabteilungen treten alle drei bis fünf Jahre in Erscheinung, wenn es darum geht, dem Vorstand einen stringenten Prozess hin zur neuen Strategie aufzuzeigen und Impulse für neue Geschäftsmodelle und Optimierungen zu geben. Und in der Zwischenzeit? Nicht Wenige vermuten, dass sich die Strategen dann erschöpft in ihre Elfenbeintürme zurückziehen und in eine Art „Winterschlaf“ fallen. Vielfach ist diese Vermutung gar nicht mal unbegründet!
Lohnen sich die kostspieligen Experten somit überhaupt? Sollten alle Banken der Deutschen Bank folgen und die zentrale Strategieabteilung schließen? JA – wenn einzig die Strategieentwicklung im Fokus steht. Das Schwadronieren über die Zukunft und die vermeintlich beste Reaktion darauf können die ohnehin stets hinzugezogenen Beratungshäuser viel besser. NEIN – wenn konsequenterweise auch die Implementierung zum Leistungsspektrum gehört.
Vier Umsetzungsschritte von Theorie zur Praxis
Die Erfahrung lehrt: Kaum sind die hehren strategischen Ziele für die kommenden Jahre von allen Gremien beschlossen und mit blumigen Worten verkündet, passiert oft – nichts. Die operativen Einheiten gehen ungerührt in das bisher übliche Tagesgeschäft zurück.
Die Strategieabteilung ist somit auch in der Verantwortung, dass die Theorie in die Praxis überführt wird. Denn wie schon der legendäre BvB-Kapitän Adi Preißler sagte: „Grau ist alle Theorie – entscheidend is auf’m Platz!“.
Folgende Umsetzungsschritte sind dafür von den Strategen zu forcieren:
1. Umsetzungsbereitschaft herstellen
Es reicht nicht, die Strategie im Intranet zu veröffentlichen und einmalig im Rahmen einer Mitarbeiterversammlung zu verkünden. Die Strategen müssen den Zweck ihrer Strategie kontinuierlich und auf allen Ebenen vermitteln – klar und verständlich. Denn nur, wenn die Strategie, und vor allem das „Warum“ dahinter von allen verstanden wird, entsteht die dringend notwendige Umsetzungsbereitschaft und fällt das „Was“ leicht!
2. Implementierung umsetzen
Das „Was“, also die zur Implementierung notwendigen Projekte, müssen die Strategen definieren, priorisieren und steuern. Die operativen Einheiten sind von Anfang an involviert und leiten wiederum konkrete Maßnahmen zur Umsetzung in den einzelnen Bereichen ab. Die Zielerreichung – in-time, in-scope, in-budget – ist von den Strategen laufend zu überprüfen und Projekte und Maßnahmen ggf. neu zu priorisieren.
3. Strategie agil adjustieren
Laufend sollten die Strategen auch die Strategie an sich hinterfragen. Auf sich dramatisch verändernde Rahmenbedingungen, z.B. eine rapide Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation, sich radikal wandelnder Kundenbedürfnisse oder unvorhergesehene Wettbewerbsverschärfung, muss jede Bank zeitnah strategisch reagieren können – losgelöst von zuvor definierten Strategieperioden. Der Umsetzungsprozess sollte daher hoch agil sein – und nicht mehr starr!
4. Kulturwandel fördern
Um die Strategieumsetzung zu erreichen, müssen die Strategen schließlich noch helfen, die Kultur im gesamten Unternehmen zu verändern. Sie müssen definieren, welche neuen Denk- und Verhaltensmuster die Strategie erfordert und dann zusammen mit HR entsprechende Maßnahmen und Kennzahlen etablieren – z.B. Kundenzufriedenheit als KPI für Kulturwandel hin zu mehr Kundenzentrierung.
Fazit: Strategen als Denker & Lenker
Die Entwicklung einer überzeugenden und passgenauen Strategie ist komplex und intellektuell anspruchsvoll – aber ohne Umsetzung eine rein akademische Übung! Die Strategen müssen daher nicht nur als Visionäre und Analysten das „WAS“ herleiten, sondern auch als Influencer, Projektleiter und Change Manager das „WIE“ sicherstellen.
Solch eine schlagkräftige und äußerst vielseitige (Elite-)Truppe, die idealerweise hohes Ansehen bei CEO und CTO (Chief Transformation Officer) genießt, wird der Bank dauerhaft helfen, die strategischen Ziele zu erreichen – und damit über alle Zweifel erhaben sein!
Autor
-
Friedrich-W. Kersting befasst sich seit 2012 mit dem Thema Fintech, zunächst theoretisch als Professor an einer privaten Hochschule, dann operativ bei einem Banken-Start-up und aktuell bei einer Schweizer Großbank. Zuvor war der an der Hochschule St. Gallen promovierte Kersting zehn Jahre im Private Banking in Deutschland und der Schweiz tätig.