finletter Hintergrundgrafik
Stefanie Herrnberger Gastbeitrag im finletter

Fehler bei der Blockchain Strategie vermeiden

Die Fintech-News der Woche kostenfrei per E-Mail – mit dem unabhängigen journalistischen Newsletter von finletter seid ihr immer auf dem neuesten Stand.

Beitrag teilen

  • Stefanie Herrnberger

    Stefanie Herrnberger ist freiberufliche Redakteurin und Texterin. Ihre Leidenschaft sind Themen wie Blockchain, Künstliche Intelligenz, Machine Learning, Automation, Industrie 4.0.

Mehr vom finletter-Team

Und jetzt ihr:

Kennt ihr bereits Deutschlands größte und vielseitigste Fintech-Veranstaltung? Die Fintech Week veranstalten wir das nächste Mal vom 26.–30. September 2022.

Für viele Unternehmer ist sie nach wie vor nur ein Hype, andere nutzen die Technologie bereits. Das Thema Blockchain ist aus den Nachrichten rund um Industrie und Wirtschaft nicht mehr wegzudenken. Blockchains können die Lösung für viele Probleme sein. Ein allumfassendes Konzept ist die dezentrale Datenbank aber keinesfalls. Trotzdem kann sie sich für zahlreiche betriebliche Konzepte eignen und für einige Bereiche sicherlich zum Game Changer werden.

Um das riesige Potenzial der Blockchain für Ihre Geschäftsmodelle nutzen zu können, sollten Sie sich im Vorfeld darüber im Klaren sein, welche Voraussetzungen die Anwendungen brauchen. Ist Ihr Unternehmen überhaupt geeignet für diese fortschrittliche Technologie? So lösen Sie die mit der Blockchain verbundenen technischen Herausforderungen und profitieren von den außergewöhnlichen Möglichkeiten im täglichen Business.

Die Blockchain Technologie steht für Neues

Sie haben einen Prozess im Unternehmen, der dringend eine Optimierung braucht? Dann ist die Prozessoptimierung genau das Richtige für Sie und nicht die Blockchain. Denn die Technologie ist nur dann sinnvoll, wenn Sie einen gesamten Bereich umstellen oder ihre komplette Struktur auf die nächste Stufe bringen möchten.

Die Blockchain eignet sich nicht für kleine Projekte, eine einzelne Anwendung, nur eine Abteilung oder ein einzelnes Produkt. Betrachten Sie die Blockchain nicht als eine Technologie zur Lösung von Problemen. Es handelt sich vielmehr um einen völlig neuen Ansatz zur digitalen Gestaltung von Prozessen.

Digitalisierung bedeutet nicht automatisch Blockchain

Ein Unternehmen, das auf der Suche nach dem Anschluss an den digitalen Fortschritt ist, braucht digitale Technologien, aber keine Blockchain. Die Distributed-Ledger-Technologie ist digital, aber immens komplex. Sie baut auf digitale Technologien auf.

Arbeiten Sie noch mit Tabellen, Papierformularen oder unterschiedlicher Software im Betrieb, dann gehört ihre ganze Aufmerksamkeit der digitalen Transformation. Die Blockchain ermöglicht digitale Abläufe mit ganzheitlichem Konzept. Aber wer noch nicht auf digitale Methoden umgestellt hat, braucht im jetzigen Stadium auch keine Blockchain.

Digitalisieren Sie Ihre Prozesse, erreichen Sie einheitliche Schnittstellen in der IT-Infrastruktur und erleichtern Sie Ihren Mitarbeitern den gemeinsamen Zugang zu Daten. Damit sind sie die nächsten Jahre wahrscheinlich ausgelastet.

Übersicht digitales Geschäftsmodell

Nur wenige Branchen sind derzeit geeignet

Sie sind als Einzelbetrieb im produzierenden Gewerbe tätig oder stellen im kleinen Rahmen industrielle Güter her? Ist die Produktion an Rohstoffe gebunden oder unterliegt Ihr Unternehmen strengen globalen Beschränkungen bei der Beschaffung oder dem Export? Dann ist die Blockchain für Sie nicht die richtige Technologie. Diese Zeit kommt noch, denn zunächst beschränkt sich das Potenzial der verteilten Datenbank auf einige wenige Branchen.

Dazu gehören die Logistik, die Finanzbranche, das Versicherungswesen, die Gesundheitsbranche und die Supply Chain. Viele Branchen unterliegen eigenen Gesetzen. Anwendungen mit der Blockchain Technologie werden hier noch Jahre brauchen. Zu schwierig sind Standardisierung, Skalierbarkeit und Interoperabilität auf allen Ebenen.

Die Blockchain kommt zunächst bei den Global Player

Wenn wir von der Blockchain reden, dann geht es um unternehmensübergreifende Systeme. Um Projekte, bei denen beispielsweise der grenzüberschreitende Zahlungsverkehr im Mittelpunkt steht. So wie beispielsweise bei der Verwaltung von riesigen Summen über Fonds und digitalen Assets oder um digitale Identitäten. Für den Lieferanten, der seine Stammkunden beliefert und dabei nicht einem Unternehmens-Netzwerk angehört, ist die Blockchain derzeit eine Nummer zu groß.

Die Adaption der Technologie und die Entwicklung von praxistauglichen Anwendungen geschieht von oben nach unten. Zu groß sind die finanziellen Aufwendungen für jede einzelne Applikation. Und zu gering ihre massentaugliche Adaption mit dem derzeitigen Wissen um die Technologie und ihren Möglichkeiten.

 

Blockchain ist eine Datenbank und braucht Daten

Die Blockchain ist eine Datenbank, genauer gesagt eine Datenkette aus abgespeicherten Transaktionen. Klar ist zwar, dass jedes Unternehmen Daten generiert, verwaltet, integriert und steuert. Aber nicht jedes Unternehmen braucht gleich einen Big Data Ansatz. Sie beliefern (fast) immer die gleichen Kunden.

Die Abläufe in Ihrem Unternehmen ähneln sich stark und es gibt wenig “Neues” in ihrer Branche? Dann brauchen Sie keine tiefen Analysen von großen Datenströmen durchzuführen.

Ihre Leistungsindikatoren stehen seit Jahren fest. Sie sind am Markt etabliert, dieser zeigt sich allgemein eher wenig dynamisch. Daher halten sich in der Regel auch ihre Datenströme in Grenzen. Mit den klassischen Analysemethoden kommen Sie vollkommen aus, denn Big Data und Blockchain eignen sich für riesige Datenmengen.

Netzwerk der Blockchain basiert auf Vertrauen

Im Netzwerk der Blockchain besteht digitales Vertrauen zwischen den Partnern. Dabei kann es sich um Personen, Unternehmen oder auch Maschinen und Waren handeln. Das Vertrauen ist die Voraussetzung für die Konsensfindung. Um alle Verträge und Daten vertrauenswürdig auf der Blockchain abzubilden, muss auch im realen Leben ein gewisses Maß an Vertrauen herrschen.

Smart Contracts können die Echtheit von Dokumenten bestätigen, dass können Servicezeiten genauso sein wie Ursprungszertifikate. Haben Sie jedoch Partner, denen Sie im echten Leben nicht ihr Vertrauen aussprechen würden, wie sollen Sie dann sicher sein können, dass die Dokumente, die für die Anlage der digitalen Güter benötigt werden, tatsächlich korrekt sind?

Nehmen wir das Beispiel vom biologischer Anbau von Äpfeln. Ihr Lieferant garantiert, dass er sich an alle Vorgaben hält und arbeitet mit Ihnen für mehr Transparenz der Wertschöpfungskette zusammen. Verbraucher können den Apfel bis zum Bauern zurückverfolgen. Doch was ist, wenn der Bauer für die Pflege der Apfelbäume giftige Substanzen einsetzt?

Bis zur vollständigen Rückverfolgbarkeit von Produkten sowie aller Methoden bei der Herstellung, vergehen sicherlich noch viele Jahre. Eine Blockchain ergibt nur dann Sinn, wenn sich die angeschlossenen Partner vertrauen.

Mittelsmann mit Blockchain einsparen, falls es einen gibt

Der Wegfall eines Mittelsmanns ist einer der wesentlichen Merkmale von Transaktionen auf der Blockchain. Daher konzentrieren sich viele Anwendungen auf Bereiche, in denen ein Vermittler oder Mittelsmann in den Prozess involviert ist. Das ist vor allem im Finanzsektor so.

Außerdem in der Verwaltung, im B2C-Geschäft, bei allen Themen des Eigentums, bei steuerlichen Angelegenheiten und im Handel. Wenn Sie alleine arbeiten oder an ihre Kunden ausliefern, also ohne einen Mittelsmann, dann können Sie nicht von der Blockchain profitieren.

Hier geht es um Transaktionsregister mit fälschungssicherer Datenkette, die für den Wegfall von zentralen Instanzen sorgt. Wer keine solche Instanz in seiner Wertschöpfungskette hat, braucht auch keine Technologie, die diese unnötig macht. Für die Blockchain sind daher Einsatzmöglichkeiten gegeben, bei denen beispielsweise zentrale Register, Zentralbanken oder unterschiedliche Währungen und Zahlungsmodi wegfallen sollen. Es geht um Effizienzsteigerung und Kostenreduzierung.

Konzentrieren Sie sich auf die Digitalisierung

Die Blockchain ist ein wunderbares technologische Wunderwerk, dass sich positiv auf zahlreiche Branchen auswirken wird. Sie bietet Sicherheit und reduziert die Abhängigkeit von Vermittlern. Die Blockchain Technologie ist in der Wirklichkeit angekommen und Ansporn für weitreichende zukunftsträchtige Lösungen und Szenarien.

Viele davon sind noch nicht ausgereift. Beispielsweise sind beim Thema Governance große Hürden zu erwarten.

In einigen Bereichen zeigen sich Schlüsselbranchen, in denen Applikationen wohl zuerst realisierbar sein werden. In anderen Branchen mangelt es an Manpower, Finanzvolumen und Innovation, um weitere Lösungsmöglichkeiten zu entwickeln. Mit der Blockchain beschäftigen sollten sich zunächst die Global Player der relevanten Branchen. Sie können den Aufwand finanziell, zeitlich und personell überhaupt aufbringen.

Wer über den Einsatz der Blockchain in seinem Unternehmen nachdenkt, sollte zunächst den Grad der Digitalisierung betrachten. Hier liegen die echten Potenziale der meisten KMUs in Deutschland. Statt Lösung für große Datenmengen nutzen zu wollen, sind Anwendung für mehr Effizienz sinnvoll.

Anstatt auf Papier und Office zu vertrauen, empfehlen wir digitale Methoden, individuelle Software und die Aufrüstung der IT-Infrastruktur. Damit dürften die meisten Unternehmen hierzulande genug zu tun haben.

Autor