In letzter Zeit verkünden immer mehr Banken voller Stolz, dass sie nun einen Chief Transformation Officer (CTO) haben. Als Hauptaufgabe wird dann meist vage „das Umsetzen der digitalen Transformation“ genannt. Aber ist dafür nicht eigentlich ein CEO zuständig? Oder zumindest ein CDO? Bringt die neu geschaffene Position somit überhaupt Mehrwert? Oder ist ein CTO von Beginn an nur ein „Frühstücksdirektor“ bzw. eine „Frühstücksdirektorin“?
Klares Aufgabenfeld entscheidend
Idealerweise fokussiert sich ein CDO/Head of Digital darauf, zu prüfen, welche Prozesse optimiert und digitalisiert werden können, wie eine konsequentere Erhebung und Nutzung von Kundendaten zu erreichen ist, wie die Umsätze über die Online-Kanäle zu steigern und welche digitalen Lösungen von Drittanbietern noch anzubinden sind.
Ein CTO hingegen sollte auf einer strategisch höheren Flugbahn agieren und als Change Leader, als Gesicht der Transformation, vorangehen und folgende Punkte sicherstellen:
- Fokussierte und kompromisslose Umsetzung der strategischen Transformation (hard & soft factors) – in-scope, in-time und in-budget
- Laufende Weiterentwicklung/Adjustierung der Unternehmensstrategie
- Marktforschung zu quantitativen und qualitativen Analysen rund um Kunden und Märkte
- Vorantreiben von Innovationen, Kooperationen, Beteiligungen und Akquisitionen
- Transformationsbegleitende Personalplanung und -entwicklung
- Aktive Kommunikation zur Transformation (v.a. Ziele und erste Erfolge) an interne und externe Zielgruppen
In der Vergangenheit fielen etliche dieser Punkte in den CEO Zuständigkeitsbereich. Mittlerweile ist die Aufgabenfülle jedoch so anspruchsvoll und zeitaufwändig geworden, dass sie nicht mehr – quasi nebenbei – noch miterledigt werden könnte. Ein CTO schafft somit einen erheblichen Mehrwert, indem er den CEO entlastet und sich voll und ganz auf den strategischen und kulturellen Wandel fokussiert.
Fördern und Fordern notwendig
Wie anspruchsvoll und herausfordernd solch eine Transformation ist, zeigen die zahlreichen Beispiele von Unternehmen, die an einer erfolgreichen und umfassenden Umsetzung der zuvor definierten Massnahmen gescheitert sind. Aktuelles Beispiel im Finanzsektor: Commerzbank!
Ursächlich sind meist verunsicherte, zögerliche Mitarbeitende und – vor allem – Linienmanager, die den Wandel nicht mittragen wollen. Ein CTO muss daher zum einen ein feines Gespür für die Stimmungslage der Mitarbeitenden haben – was am einfachsten über aktive Einbindung (Workshops) und Feedbackschleifen gelingt. Zum anderen muss er die Linienmanager mit der richtigen Balance aus Fördern und Fordern dazu bringen, persönlich die Verantwortung für die Transformation zu übernehmen und sich die erfolgreiche Umsetzung aller Initiativen und Projekte als Ziel zu setzen. Tatkräftige Unterstützung erhalten die Linienmanager dabei von den im CTO Bereich angesiedelten Strategen. Sie sind im Rahmen eines Business Partner Modells nicht nur Sparrings Partner, sondern auch aktiver Support.
FAZIT
Die Rolle ist somit alles andere als die eines Frühstücksdirektors bzw. -direktorin! Es ist jedoch auch nicht die des Superstars, der innerhalb weniger Monate die Bank im Alleingang auf die Erfolgsspur bringen kann. Da das nur gemeinsam gelingen kann, ist der CTO vor allem Coach und Orchestrator, der Mitarbeitende und Linienverantwortliche inspiriert, motiviert – und zur Not (sanft) drängt.
Autor
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Friedrich-W. Kersting befasst sich seit 2012 mit dem Thema Fintech, zunächst theoretisch als Professor an einer privaten Hochschule, dann operativ bei einem Banken-Start-up und aktuell bei einer Schweizer Großbank. Zuvor war der an der Hochschule St. Gallen promovierte Kersting zehn Jahre im Private Banking in Deutschland und der Schweiz tätig.