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finletter Gastbeitrag von Vilve Vene von der Modularbank

Banken haben eine moralische Pflicht

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  • Vilve Vene

    Vilve Vene ist Mitgründerin von Tuum, einem Fintech aus Estland, das eine moderne, flexible Core-Banking-Plattform anbietet. Seit mehr als 25 Jahren bringt Vilve Vene Technologie in die Finanzwelt. Lange bevor "Fintech" ein gängiger Begriff wurde, entwickelte sie bereits innovative Finanztechnologie.

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Und jetzt ihr:

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Banken sollten die Daten ihrer Kunden nutzen. Doch dies sollte nicht nur dem Selbstzweck dienen, um den Kunden mehr Dienstleistungen zu verkaufen. Für Banken ist hier noch viel mehr drin: Seit Beginn der Erhebung im Jahr 2007 sind vergangenes Jahr in Deutschland erstmals die Löhne gesunken. Geldinstitute könnten ihre Kunden jetzt proaktiv dabei unterstützen, ihre „finanzielle Gesundheit“ und damit auch das kollektive finanzielle Wohlergehen der Gesellschaft zu verbessern. Das bringt Banken in eine einzigartige Lage – und gleichzeitig haben sie auch die moralische Pflicht, um jetzt eine wichtigere Rolle in der Gesellschaft einzunehmen.

Was mit Daten möglich ist

Viele Banken, insbesondere Challenger-Banken, bieten bereits moderne Produkte und Initiativen an, womit sie Kunden aktiv dabei unterstützen, mehr Geld zu sparen und ihre Finanzen besser zu verwalten. So bieten zum Beispiel die schwedische Swedbank und die ING Belgium die Möglichkeit, sämtliche Verträge (Strom, Netflix usw.) direkt in ihren Banking-Apps zu verwalten. Damit können Kunden ihre Ausgaben für Abonnements im Auge behalten und unerwünschte Verträge einfach kündigen oder zu einem passenderen Anbieter wechseln.

Inzwischen konzentrieren sich auch viele Banken auf bestimmte Zielgruppen und führen Dienstleistungen ein, die auf deren Bedürfnisse zugeschnitten sind. Die erste deutsche Neobank für die Generation Z, pockid, ist hier ein gutes Beispiel: Ihre neu gestartete App richtet sich ausschließlich an Jugendliche und hilft ihnen, ihr Geld selbstständig zu verwalten und verantwortungsvoll auszugeben.

Auch über die Finanz-Verwaltung hinaus können Banken ihre Kunden dabei unterstützen, ihre persönliche Leitwerte einzuhalten. Nachhaltiges Banking entwickelt sich aktuell zu einem entscheidenden Erfolgsfaktor. Bereits jetzt bieten zahlreiche Banken – darunter Sparkassen, Landesbanken und die DKB – Dienstleistungen an, die Kunden helfen, nachhaltiger zu leben. Doconomy treibt das auf die Spitze: Das schwedische Fintech hat im vergangenen Jahr eine Kreditkarte auf den Markt gebracht, die den individuellen „CO2-Fußabdruck“ der Kunden in Verbindung mit ihren Einkäufen überwacht. Sobald eine bestimmte Anzahl an CO2-Ausstoß erreicht wird, ist die Karte bis zum nächsten Monat gesperrt.

Die Erwartungen der Kunden verändern sich

Letztlich stehen Banken vor der einmaligen Chance, auf die Nachfrage der Kunden nach mehr finanzieller Beratung und Unterstützung zu reagieren – nicht als Premiumservice, sondern als Standard. Neue Marktteilnehmer wie Robinhood sind hier das Maß der Dinge. Sie sind bereits mit neuen Konzepten für das Banking, die Geldanlage und die Kundenbetreuung gestartet, wie es Kunden heute auch von traditionellen Banken erwarten.

Als stabile und staatlich beaufsichtigte Einrichtungen haben Banken die Chance, ihre Kunden bei ihren persönlichen Zielen zu unterstützen und so eine neue Rolle in der Gesellschaft einzunehmen. Das wird jedoch nicht über Nacht geschehen.

Zitat von Vilve Vene

Um glaubwürdige und vertrauensvolle Berater für die Kunden zu werden, ist noch einiges für sie zu tun: Corporate Social Responsibility (CSR) muss der Kern des Geschäftsmodells werden und darf nicht nur ein Beiwerk sein. Das ist nur möglich, wenn Banken sich intern neu organisieren, um die verschiedenen Zielgruppen genauer adressieren zu können. Gleichzeitig müssen die Daten, die Banken über ihre Kunden besitzen, in eine einzige, umfassende Sicht auf den Kunden verwandelt werden. Dazu ist eine moderne technologische Infrastruktur nötig, die diese Datensilos aus verschiedenen Bereichen wie Hypotheken, Krediten und Girokonten auflöst. So wird es möglich, eine transparente und umfassendere Sicht auf die „finanzielle Gesundheit“ eines jeden Kunden zu erhalten und in Echtzeit reagieren zu können. In der Art können Banken auf Basis dieser Erkenntnisse handeln und ihre Kunden dabei unterstützen, ihr finanzielles Wohlergehen zu verbessern und ihre finanziellen Ziele zu erreichen.

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  • Vilve Vene

    Vilve Vene ist Mitgründerin von Tuum, einem Fintech aus Estland, das eine moderne, flexible Core-Banking-Plattform anbietet. Seit mehr als 25 Jahren bringt Vilve Vene Technologie in die Finanzwelt. Lange bevor "Fintech" ein gängiger Begriff wurde, entwickelte sie bereits innovative Finanztechnologie.