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finletter 356 – Fintech-Krise als Chance, Mondu trotzt Funding-Skepsis, Affirm kooperiert mit Stripe

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  • Gunnar Hassel

    Gunnar Hassel ist freier Online-Redakteur und Content-Experte mit Schwerpunkt Finanz-Innovationen und Tech-Start-ups.

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Und jetzt ihr:

Kennt ihr bereits Deutschlands größte und vielseitigste Fintech-Veranstaltung? Die Fintech Week veranstalten wir das nächste Mal vom 26.–30. September 2022.

Fintech-Krise – Niedergang oder Chance?

Was aktuell auf dem deutschen und internationalen Fintechmarkt zu beobachten ist, sind zumindest Warnzeichen. Die Meldungen über (Massen-)Entlassungen, geplatzte Finanzierungsrunden und Insolvenzen können durchaus Ausdruck eines sich drastisch ändernden Marktumfelds sein. Vorbei scheinen die Zeiten, in denen Investoren ihre Millionen auch ohne plausible Geschäftszahlen und ohne realistische Wachstumsprognosen in Finanz-Startups pumpten. Vorbei auch die Zeiten, in denen diese Investoren und die finanziell beglückten Fintechs damit in beeindruckend vielen Fällen sogar überaus erfolgreich waren. Die aktuellen Befürchtungen, der Markt könnte drehen, bieten Venture-Capital-Gebern nun allerdings auch die Chance, auf Basis niedrigerer Bewertungen Unternehmensanteile zu erstehen. Eine ähnliche Dynamik gab es übrigens auch in 2020, sie lag allerdings in der Unsicherheit zum Anfang der Corona-Krise begründet und stellte sich als kurzfristig heraus. Heute basiert die gedämpfte Stimmung an den Kapitalmärkten dagegen auf den vermutlich längerfristigen Problemen Inflation und Leitzinserhöhung.

Prominente Warner und Mahner hat es in den letzten Monaten zu Genüge gegeben. So gab Rocket Internet Chef Oliver Samwer seinen Portfolio-Unternehmen schon im April den Hinweis, dass man als Unternehmen „höchstwahrscheinlich sterben wird, wenn man Maßnahmen verzögert“. Zugleich zog er einen Vergleich zur Finanzkrise von 2008. Und der US-Wagniskapitalgigant Sequoia stellte eine umfassende, mittlerweile öffentlich verfügbare Präsentation zur Krise zusammen. Deren Quintessenz: Überleben wird nur, wer sich als besonders anpassungsfähig erweist. Aber wird hier eine Krise befeuert, um die Preise für Beteiligungen einzufangen?

Wer will es den Klarnas, Sumups, Robinhoods oder hierzulande Kontists und Nuris (um nur einige zu nennen) verdenken, wenn sie mit Blick auf zukünftig vermeintlich härter zu erkämpfende Investorengelder und engere Gürtel bei Endverbraucher:innen vorsorglich am eigenen Kostenapparat werkeln oder allzu fantasievolle Expansionsstrategien eindampfen. Neben der Konsolidierung der Mitarbeiterzahlen, die immerhin auf dem aktuellen Stand eines starken Wachstums innerhalb der letzten Jahre vollzogen wird, sind dabei auch Übernahmen und Kooperationen zu erwarten.

Wie es gehen kann, machte schon vor der allgemeinen Krise das finnische Fintech Holvi vor. Nach jahrelangen hohen Verlusten unter dem Dach der Großbank BBVA und einem anschließenden Rückkauf durch den Gründer wurde ein Pivot vollzogen und dabei Belegschaft und Kundenzahl drastisch reduziert. Nun deuten die Zahlen für 2021 auf einen Turnaround Richtung Profitabilität hin. Auch Holvi wird sich in naher Zukunft wieder der Herausforderung stellen müssen, an benötigtes Wagniskapital zu kommen. Denn der Selfmade-Kurs ohne Investoren wird nicht für immer durchzuhalten sein. Im Rennen mit der Konkurrenz, die erst beginnt, schon mittelfristig und nicht erst am Ende eines massiven Wachstums profitabel werden zu wollen, haben die Finnen allerdings einen deutlichen Vorsprung.

Die kommenden Wochen und Monate werden also vor allem eins: spannend. Wer stellt sich, jetzt wo die Party erstmal vorbei scheint, wie auf – und wer kann am Ende sogar profitieren? Oder eindeutiger formuliert: Wer überlebt oder wer auch nicht?

paymentandbanking.com financefwd.com finanz-szene.de bankstil.de financefwd.com (zu Holvi)


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– Fintech-News Deutschland –

Mondu sammelt 43 Millionen Euro ein: Das Berliner „Buy now, pay later“-Fintech trotzt der aufziehenden Funding-Krise in der Fintech-Welt und legt die zweitgrößte deutsche Finanzierungsrunde des laufenden Jahres hin. Unter den Geldgebern ist auch Peter Thiels Valar Ventures. financefwd.com businessinsider.de

Finanzierung für Finanzcommunity Getquin: Über 15 Millionen Euro kann sich der Anbieter einer Social-Trading-App freuen. Angeführt wurde die Finanzierungsrunde von Portage Ventures – auch Horizons Ventures, Business Angels sowie bestehende Investoren beteiligten sich. Nun soll in die Weiterentwicklung des Produkts und die Internationalisierung investiert werden, um so die Nutzerbasis zu erweitern. financefwd.com getquin.notion.site

Weiter Probleme bei Kartenzahlung: Auch in dieser Woche setzen sich die flächendeckenden Ausfälle von Kartenterminals in vielen deutschen Geschäften fort. Dabei liegt die Schuld nicht bei einzelnen Payment-Service-Providern oder technischen Dienstleistern – die Probleme treten vielmehr bei allen Anbietern gleichermaßen auf. Hier eine Analyse zu der Payment-Misere und Erklärungsansätze von Branchen-Insidern. t3n.de finanz-szene.de

Clearco startet in Deutschland: Das kanadische Finanzunternehmen stellt zum Markteintritt Wachstumskapital in Höhe von 500 Millionen Euro zur Verfügung. Mit seinen schnellen, umsatzbasierten Finanzierungsangeboten für Online-Unternehmen ist Clearco bereits heute der weltweit größte E-Commerce Investor. openpr.de

Altersvorsorge-Fintech Vantik vor dem Aus: Der Berliner App-Anbieter musste nach einer geplatzten Finanzierungsrunde Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens stellen. Für Vantik komme die Entwicklung völlig überraschend. Das eigene Angebot habe zuletzt „Fahrt aufgenommen“. businessinsider.de

 

– Fintech-News International –

Auch Curve baut Stellen ab: Nach Klarna und weiteren Fintechs (siehe Editorial) gibt es auch beim britischen Banking-App–Anbieter einen personellen Aderlass. Curve hat mit der Entlassung von 60 bis 70 Mitarbeitenden auch auf zuletzt gestiegene Verluste reagiert. altfi.com

Slice steigert Milliarden-Bewertung: In einer durch Tiger Global angeführten Serie-C-Finanzierungsrunde wurde das indische Fintech auf über 1,5 Milliarden US-Dollar bewertet. Slice stellt Millionen von Indern Kreditkartenfunktionen zur Verfügung. Mit den frisch eingesammelten 50 Millionen US-Dollar sollen nun das kürzlich eingeführte UPI-Zahlungsprodukt skaliert und das Kernkreditgeschäft profitabel gemacht werden. techcrunch.com

Affirm kooperiert mit Stripe: Das „Buy now, pay later“-Fintech Affirm bringt seine Ratenkreditdienste zu Stripe. Die bereits im Mai angekündigte Partnerschaft wurde nun offiziell bekannt gegeben und ermöglicht es den Händlern von Stripe, die Zahlungstechnologie von Affirm in ihre Kassensystemen zu integrieren. theinformation.com

Auch Plaid und Mollie arbeiten zusammen: Die gemeinsame Zielgruppe der KMUs (Kleine und mittlere Unternehmen) dürfte bei dieser Fintech-Kooperation eine wichtige Rolle gespielt haben. Kunden des Online-Zahlungsdienstleisters Mollie haben nun jedenfalls Zugang zur Technologie von Plaid, um so vom wachsenden E-Commerce-Markt in Europa zu profitieren. altfi.com

Waffenkauf via BNPL: Der verheerende Amoklauf eines 18-Jährigen im texanischen Uvalde mit 21 Todesopfern liegt erst gut eine Woche zurück. Der Anbieter der dabei verwendeten Schusswaffe scheint allerdings keine Notwendigkeit zu sehen, seine Produkte restriktiver zu verkaufen. Im Gegenteil, bei Daniel Defense besteht durch die Kooperation mit dem „Buy now pay later“-Anbieter Credova sogar die Möglichkeit, noch simpler an Schusswaffen zu kommen. capital.de


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– Treffpunkte –

Banking Exchange 22: Das Leit-Event der Branche steigt bereits zum sechsten Mal. Bei der BEX22 werden gemeinsam mit den Teilnehmenden die (BE)X-Files geöffnet, um hinter die Kulissen der Fintech- und Banking-Branche zu schauen. 23. & 24. Juni 2022, Frankfurt am Main

Mehr Veranstaltungen zu Fintech finden Sie im Event-Kalender auf finletter.de. Hier können Sie uns Tipps für Events geben.

 

– Wochenendlektüre –

Greenwashing-Vorwurf: Das Berliner Fintech Mambu hat in einer umfassenden Studie herausgefunden, dass sich zwei Drittel der Verbraucher weltweit wünschen, ihre Bank möge in Zukunft nachhaltiger werden. Ebenfalls zwei Drittel werfen den Finanzinstituten Greenwashing vor. Unter dem Motto „Is the grass greener on the sustainable side?“ wurden mehr als 6000 Teilnehmende befragt. Hier gibt es Intro und Einordnung sowie den Link für die ausgiebige Wochenend-Studienlektüre. zebramagazin.de

Podcast-Folge zum deutschen Fintech-Markt: Martin Kassing ist Gründer und CEO des Fintechs Upvest. Die Berliner folgen dem „Investment-as-a-Service“-Prinzip und ermöglichen es anderen Firmen, in Kryptoanlagen und Aktien zu investieren. In seinem Podcast-Auftritt gibt Kassing Antworten zum eigenen Schaffen und widmet sich der Frage „Wie sieht es auf dem deutschen Fintech-Markt aus?“. Hörenswert! t3n.de

Wie Anleger unter dem Terra-Crash leiden: Anfang Mai vernichtete der Zusammenbruch der „Stablecoins“ TerraUSD und Luna Milliarden von US-Dollar bei Anlegern in aller Welt. Mittlerweile muss sich deren Schöpfer Do Kwon in Südkorea vor Gericht verantworten. Von Argentinien bis Nigeria hielten viele Menschen insbesondere Terra für stabiler als die jeweilige Landeswährung – und haben nun alles verloren. restofworld.org btc-echo.de

Banken benötigen mehr IT-Kompetenz im Vorstand: Eine aktuelle Studie zeigt: Trotz Besserung in den vergangenen Jahren gibt es immer noch zu wenig IT-Kompetenz in den Vorständen und Aufsichtsräten der hundert größten Banken. der-bank-blog.de [gesponsert]

 

– Meist gelesen seit der letzten Ausgabe –

…war die News zum Start einer zentralen Stelle für Sustainable Finance durch die Finanzaufsicht Bafin.

 

– Das Beste zum Schluss –

How bizarre: Auch wenn es durchaus erholsam wäre, mal ein paar Wochen gar nichts von Elon Musk zu hören… hier dann doch mal wieder etwas Unterhaltsames zum künftigen Twitter-Besitzer (also vielleicht). Popcorn raus für seine jüngste Twitter-Fehde – diesmal mit Dogecoin-Miterfinder Jackson Palmer. btc-echo.de

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