Look & Feel
Die Money 20/20 ist zurück. Laut, bunt und voll. Im Pandemiejahr 2020 musste Europas größte Veranstaltung zur Digitalisierung der Finanzwirtschaft einmal aussetzen, 2021 fand eine wesentlich kleinere und ruhigere Money 20/20 statt.
Dieses Jahr war alles wieder größer, voller und lauter. So ganz wie bei der letzten Ausgabe vor der Pandemie war es dann aber doch nicht. Während die Show 2019 noch sehr amerikanisch war – höher, weiter, schneller –, ist sie nun nicht nur im Jahr 2022 angekommen, sondern auch in Europa. Das ganze Event wirkte wesentlich europäischer: heterogen, optimistisch, aber irgendwie auch geerdet.
Der Großteil der 6.500 Besucher:innen war vor allem auf der Suche nach bedeutsamen Unterhaltungen. Und die gab es auch. An den Messeständen und an 100 Netzwerktischen, an denen sich die Menschen über die App verabredeten, wurde von morgens bis abends diskutiert. Wie ein Teilnehmer es zusammenfasste: „Ich habe viele bedeutsame Unterhaltungen geführt. Genau wie letztes Jahr. Und obwohl dieses Mal wesentlich mehr Leute da sind, hat die Anzahl der bedeutsamen Unterhaltungen nicht zugenommen.”
Wer wieder da war
Die Amerikaner:innen. Nachdem im letzten Jahr die pandemie-bedingten Reiserestriktionen dafür sorgten, dass kaum Amerikaner:innen zu Money 20/20 Europe kamen, waren sie in diesem Jahr wieder da. Und irgendwie machte es einen Unterschied.
Grundsätzlich waren auch die Corporates der Finanzbranche zugegen. Die Beteiligung fiel allerdings eher zaghaft aus. Was aber auch daran liegen mag, dass die Kombination aus Corporate und Messestand einfach lange Planungshorizonte braucht. Und die gab es dieses Jahr gegen Ende der Pandemie einfach noch nicht.
Wer noch nicht wieder da war
Kaum vertreten unter den Messeständen: deutsche Unternehmen. Vielleicht ein Indikator, dass die Deutschen mit ihren Internationalisierungsstrategien nicht unbedingt den Ton angeben.
Schon vor der Pandemie sah man auf der Money 20/20 kaum Stände deutscher Banken. Aber selbst unter den 6.500 Teilnehmenden dieses Jahr fanden sich kaum Bänker und Bänkerinnen aus Deutschland. Wer da war, kam, um sich inspirieren zu lassen, neue Trends aufzunehmen und Partnernetzwerke zu pflegen. Und sich zumindest mal für ein paar Tage nicht mit sich selbst zu beschäftigen. Offensichtlich hat nur eine kleine Elite der Digitalbänker:innen Deutschlands die Prioritäten entsprechend gesetzt.
Was Thema war
Krypto hier, Krypto da, Krypto überall: Nicht nur die einschlägigen Sessions waren gut besucht. Auch die Zahl der Messestände zu Krypto hat im Vergleich zum Vorjahr enorm zugenommen. Was ja vielleicht ein Abbild der Funding-Trends im Fintech-Sektor ist, wenn auch etwas zeitverzögert. Open Banking war ebenfalls Thema vieler Stände und Gegenstand zahlreicher Diskussionen. Interessanterweise spielte Open Banking hier eine deutlich größere Rolle als in Deutschland.
Rekordaufmerksamkeit verzeichneten die Themen Buy Now, Pay Later und Embedded Finance. Auch wenn diese beiden Themen in aller Munde waren, den Gipfel bei den Messeständen werden wir wohl erst nächstes Jahr sehen.
Dem wichtigen Thema Nachhaltigkeit nahm sich kaum ein Stand an, in Diskussionsrunden und bei Vorträgen wurde es dafür regelmäßig und ausgiebig besprochen.
Was kaum Thema war, ist die aktuell angespannte Finanzierungssituation für Finanz-Start-ups. Klar, aktuell übt man sich erst mal in vorsichtiger Zurückhaltung. Insgesamt scheint die Stimmung aber wesentlich entspannter zu sein als bei der letzten Funding-Krise, ausgelöst durch die allgemeine Unsicherheit zum Anfang der Corona-Pandemie 2020.
Auch die Entlassungen bei einigen Fintechs wurden nicht thematisiert. Das liegt wahrscheinlich auch daran, dass sich die Arbeitsmarktsituation im Fintech-Sektor insgesamt dadurch nicht verändert. Der Fachkräftemangel in der Branche bleibt bestehen, das Lohnniveau bricht nicht ein.
Was ist das Nächste?
Natürlich wollten vielen Besucher:innen herausfinden, welcher Trend denn wohl als nächstes auf die Branche zukommt. Metaverse war zwar nur bei 3 von 170 Veranstaltungen auf der Money 20/20 das Hauptthema, die virtuellen Welten waren dennoch in aller Munde. Worüber man sich aber auch einig war: Wenn es heute noch gar kein richtiges Metaversum gibt, unter anderem wegen technischer Einschränkungen, dann ist auch schwer zu sagen, wie Finanzdienstleistungen dort aussehen werden. Fest steht, Finanzdienstleistungen im Metaversum wird es geben. Wie? Too early to say.
Foto: © Lars de Nijs
Autor
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Clas Beese ist freier Journalist und Content Creator für Fintech. Er ist Gründungsherausgeber von „Zebra – Magazin für Sustainable Finance“.