Web3 und Metaversum im Bundestag
Sowas nennt man im Sport ein ungleiches Duell: An diesem Mittwoch traten neun geladene Expert:innen zur Anhörung im Ausschuss für Digitales des Bundestags an, um über die Chancen, vor allem aber die Risiken von Blockchain, Metaversum, Kryptowährungen und Co. Auskunft zu geben. Es überwog – auch aufgrund der Auswahl der geladenen Redner:innen – die Kritik.
So meldete Malte Engeler, Richter am Verwaltungsgericht Schleswig-Holstein, fundamentale rechtspolitische, grund- und datenschutzrechtliche Bedenken in Bezug auf ein „Blockchain-basiertes und eigentumsrechtlich aufgeladenes Web3“ an. Einer technologischen und rechtlichen Etablierung der Technologie wie etwa in einem Metaversum sei entschieden entgegenzutreten. Engelers Urteil: „Ein Netz, das nicht vergisst, ist mit der Menschenwürde inkompatibel.“
Auch die US-Entwicklerin und Web3-Kritikerin Molly White prangerte die aus ihrer Sicht unsinnige Speicherung personenbezogener Daten in unveränderbaren Blockchains an. Den vermeintlichen Nutzen der Dezentralisierung könne sie nicht erkennen. Die Macht bleibe zentral gebündelt.
Die Chancen des Web3 und zukünftiger Metaversum-Lösungen wurden dagegen nur selten beleuchtet. So verwies Sebastian Klöß als Vertreter des Digitalverbandes Bitkom auf das noch sehr frühe Stadium der Technologie und mahnte: „Noch kann Deutschland mitgestalten und europäische Werte verankern.„
Eine Brücke zwischen Warnungen und harscher Kritik auf der einen Seite und positiver Chancenbewertung auf der anderen Seite sollte also nicht gelingen. Schon die Zusammensetzung des Expert:innenkreises hatte bereits erkennen lassen, dass dies auch nicht gewünscht war. Die Zeichen stehen also eher auf Regulierung und Eingrenzung als auf weiterer oder gar zunehmender Förderung von Blockchain-basierten Projekten. Das passt natürlich in eine Zeit der Milliarden-Betrügereien durch Krypto-Bros und Milliarden-Fehlinvestitionen von Social-Media-Superreichen. Unterm Strich stößt die Unausgewogenheit dieser öffentlich ausgetragenen Diskussion allerdings auf. Durch Abblocken und Verteufeln der hinter den Buzzwords stehenden Technologien und der mit ihnen unzweifelhaft verbundenen Möglichkeiten wird man zum reinen Zuschauer einer unaufhaltsamen Entwicklung.
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Das Team der finletter & Fintech Week GmbH wünscht allen finletter-Leser:innen eine schöne Weihnachtszeit, Gesundheit und Freude für das neue Jahr. Wir lesen uns ab dem 13. Januar 2023 wieder wöchentlich im finletter und sehen uns hoffentlich auf den Events, die für das nächste Jahr in Planung sind. Vielen Dank für eure Treue, bleibt gesund & bis bald!
– Fintech-News Deutschland –
Raisin erreicht Meilenstein: Nach eigener Aussage verwaltet das Berliner Fintech mit seinen Zinsplattformen Weltsparen und Zinspilot nun über 30 Milliarden Euro in Sparprodukten. Katharina Lüth, Chief Client Officer und Geschäftsführerin bei Raisin, sagt dazu: „Die Geschwindigkeit, mit der wir die 30 Milliarden Euro Kundengelder in Sparprodukten erreicht haben, ist ein Zeichen für die Attraktivität unseres Angebots.“ Allein in den letzten fünf Monaten habe man, auch durch Zuwächse auf internationalen Märkten, ein Wachstum von fünf Milliarden Euro erreicht. weltsparen.de
Bling trotzt Funding-Krise: Auch das Berliner Fintech Bling liefert eine gute News. Mit frischen 3,5 Millionen Euro statten Geldgeber rund um Lead-Investor Peak und Co-Lead La Famiglia das Team um Gründer Nils Feigenwinter aus. Mit dem Geld soll das Wachstum der Taschengeld-App von Bling und der dazugehörigen Bling-Card weiter beschleunigt werden. Die Lösungen sollen Familien dabei helfen, den Umgang mit Geld zu lernen. paymentandbanking.com handelsblatt.com (Paywall)
Besorgte Bafin kündigt Regulierung an: Im Internationalen Club Frankfurter Wirtschaftsjournalisten verwies Bafin-Präsident Mark Branson diese Woche kritisch auf ein massives Wachstum des Schattenbanksektors, also des nichtregulierten Bereichs der Finanzbranche. Auf der Suche nach höheren Renditen stießen immer mehr Akteure in Graubereiche vor und böten dabei bankähnliche Produkte und Services an. Dies verlange ebenso nach mehr Regulierung wie der Markt mit Kryptowährungen, der zuletzt unter anderem durch den Kollaps der Kryptobörse FTX einmal mehr für negative Schlagzeilen sorgte. spiegel.de
Auch wichtig:
+++ Zum ersten Mal seit der Gründung im Jahr 2007 hat Auxmoney Geschäftszahlen zu ihrer Kreditplattform genannt und dabei knapp 100 Millionen Euro Jahresumsatz verkündet. Im Exklusiv-Gespräch mit Finanz-Szene kündigte CEO und Gründer Raffael Johnen trotz der aktuell angespannten allgemeinen Wirtschaftslage ein „weiteres signifikantes Wachstum“ an. finanz-szene.de +++ Im Bereich der nachhaltigen Investments geht Miles & More eine Partnerschaft mit Econos ein. Durch die Kooperation mit dem Münchner Fintech können Miles & More Teilnehmende ab sofort Prämienmeilen über nachhaltige Geldanlagen sammeln. Mehr dazu gibt es hier: miles-and-more.com +++ Und auch der Zahlungsdienstleister Visa setzt auf das Thema Nachhaltigkeit: Durch die Aufnahme der Software des deutschen Start-ups Plan A in sein Fintech-Programm will Visa die nachhaltige Transformation von Unternehmen weltweit voranbringen. fundscene.com +++ Das Londoner Fintech Youlend wird seine Embedded-Finance-Lösungen ab sofort auch am deutschen Markt anbieten. Mit einem leichteren Zugang zu Kreditangeboten und schnellen Kreditentscheidungen sollen nun auch hierzulande kleine und mittlere Unternehmen (KMU) als Kunden gewonnen werden. +++ Als Luca Pay wagte die im Zuge der Coronapandemie gehypte und viel genutzte Checkin-App Luca einen Neustart als Bezahldienst. Trotz der zuletzt bei diversen Geldgebern eingesammelten 30 Millionen Euro und hoher Marketingausgaben scheint dieser jedoch verpatzt worden zu sein. financefwd.com
– Neue Finanzierungsrunden –
+++ Für die Data-Analytics-Plattform Opensee kamen elf Millionen Euro in einer Serie-A-Finanzierungsrunde zusammen. Das Pariser Fintech unterstützt Businesskunden von Finanzinstituten dabei, granulare Daten in Echtzeit zu analysieren. finextra.com +++ Die aktuelle Finanzierungsrunde brachte Younited 60 Millionen Euro ein. Dadurch erreicht das Pariser Fintech eine Bewertung von 1,1 Milliarden Euro und darf sich ab sofort Einhorn nennen. Unter den neuen Geldgebern des Embedded-Finance-Anbieters befanden sich unter anderm Goldman Sachs, Eurazeo und BPI-France. altfi.com boersen-zeitung.de (Paywall) +++ Mit frischen 54 Millionen US-Dollar aus einer Serie-C-Finanzierungsrunde will der New Yorker Anbieter für KI-Fintech-Angebote Vic.ai seine Suite für Unternehmen erweitern und neue Funktionen einführen. globenewswire.com+++
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Was müssen Finanzdienstleister über die „Zielgruppe Frau“ wissen, um ordentliche Produkte für sie zu bauen? Beim Female Fintech Meet-up erfahrt ihr es! 10. Januar 2023 bei Google in Hamburg – jetzt anmelden!
– Neu auf finletter.de –
Hallo, ist hier jemand? Ein Selbstversuch im Metaversum: Journalistin Anissa Brinkhoff setzt sich auf der Symbioticon 2022 erstmals eine VR-Brille auf die Nase und ihre Füße in ein (Proto-)Metaversum. Ob das geklappt hat und wie sich das angefühlt hat, erzählt sie in diesem Selbstversuch. finletter.de
Dieser Artikel stammt aus der aktuellen GOLDILOCKS-Ausgabe zum Thema Metaversum. Hier könnt ihr die ganze Ausgabe online lesen oder herunterladen (iOS | Android).
– Neue Podcast-Folgen –
+++ Passend zur Raisin-News (siehe Finetech-News Deutschland) empfehlen wir die aktuelle Folge von Finanz-Szene – Der Podcast. Darin berichtet Raisin-CEO Tamaz Georgadze über das Wachstum der letzten Monate, die Feierlaune rund um den erreichten Meilenstein von verwalteten Spareinlagen in Höhe von über 30 Milliarden Euro und zur erwarteten Entwicklung in 2023. +++ Bei Beckers Bets sprechen Jan Beckers und Florian Adomeit über die Entwicklungen bei Nubank, die Wachstumschancen des israelischen Unternehmens Monday.com und über die aktuelle Bewertung von Duolingo. +++ Im FinanceFWD-Podcast beschreibt Fintech-Investorin Nina Meyer den aktuell herrschenden “negativen Herdentrieb“ am Funding-Markt. Gemeinsam mit Finance-Forward-Redakteur Caspar Schlenk liefert sie zudem einen Rückblick auf das Fintech-Jahr 2022. financefwd.com +++ Die aktuelle Folge von Alles Coin Nichts Muss zeigt, dass Miner durch fallende Bitcoinkurse und steigende Strompreise in die Pleite getrieben werden, aber trotz des Krypto-Winters nicht frieren müssen. Auch über “The Crypto Story“ von Matt Levine wird getalkt und etwas gestritten. +++
– News International –
Checkout reduziert Bewertung deutlich: Von 40 Milliarden US-Dollar zum Jahresstart musste der Londoner Zahlungsdienstleister die eigene Bewertung nun intern auf elf Milliarden anpassen. Der Absturz des einst wertvollsten europäischen Fintechs lässt sich aus einem Angebot zum Aktienkauf an die eigenen Mitarbeitenden ableiten. faz.net (Paywall)
Copper bringt Investment-Feature für Kids: Mit mehr als 1,2 Millionen Nutzer:innen ihrer Banking-App für Teenager darf das US-Fintech mit Hauptsitz in Seattle auch als Vorbild für deutsche Anbieter wie Bling gelten (siehe deutsche Fintech-News). Nun hat Copper ein neues Produkt auf den Markt gebracht, mit dem die jüngste Generation von Anleger:innen bei ihren Investments unterstützt werden soll. businesswire.com
Auch Binance in der Kryptokrise: Bei der weltgrößten Kryptobörse ziehen Kund:innen weiterhin große Geldsummen ab. Am Dienstag nannte der Datenanbieter Nansen eine Summe von 3,7 Milliarden US-Dollar für den Wochenzeitraum. Binnen 24 Stunden seien es dabei als Höchstwert 1,9 Milliarden US-Dollar an Abflüssen gewesen. Binance-CEO Changpeng Zhao sagte am Mittwoch, die Einlagen würden „zurückkommen“, man sei allerdings auf einem „holprigen“ Weg. Binance hatte kurz vor der jüngsten Pleite der Kryptobörse FTX (mehr dazu in unserer Wochenendlektüre) als möglicher Käufer einen Rückzieher gemacht und damit den Kollaps des Konkurrenten zumindest beschleunigt. cnbc.com reuters.com handelsblatt.com (Paywall) theguardian.com
– Über den Tellerrand: Tech-Giant-News für die Finanzbranche –
Amazon hinterfragt Kreditkartenangebot: Nach dem beschlossenen Ende der Zusammenarbeit mit der Landesbank Berlin ist Amazon nach wie vor auf der Suche nach einem neuen Kreditkartenpartner für Deutschland. Dabei sollen noch immer Gespräche laufen, zum Beispiel mit den Anbietern Santander und der Deutschen Kreditbank (DKB). Nun steht allerdings auch ein Ende des Angebots an, das aktuell rund eine Millionen Kund:innen in Deutschland nutzen. financefwd.com
– Treffpunkte –
Trends for 2023 in Digital Assets, DeFi, Web3: Where Will We Go? Wer sich kurz vor Weihnachten nochmal dem Thema Web3 und Finanzen widmen möchte, ist bei dieser Panel-Diskussion, hosted by FS Blockchain Center, bestens aufgehoben. 22. Dezember, Start 14:00 Uhr, online
Save The Date: BaFinTech 2023: Die fünfte BaFinTech findet am 19. und 20. September 2023 in Berlin statt. Als Fortsetzung der erfolgreichen Zusammenarbeit wird die kommende Veranstaltung wieder gemeinsam von der BaFin und der Deutschen Bundesbank ausgerichtet. Im Mittelpunkt der Konferenz stehen finanztechnologische Innovationen und aktuelle Fragen der Digitalisierung in der Finanzindustrie. 19. und 20. September 2023, Berlin
Mehr Veranstaltungen zu Fintech findet ihr im Event-Kalender auf finletter.de. Hier könnt ihr uns Tipps für Events geben.
– Wochenendlektüre –
Die True Crime Story um FTX und Sam Bankman-Fried: Auch nach dem Kollaps der Kryptobörse FTX bieten die Vorgänge rund um die Pleite und den mittlerweile verhafteten Gründer und EX-CEO Sam Bankman-Friend tägliche neue Stories. Um es für die Wochenendlektüre griffiger zu machen, kommen hier zehn Berichte zu den jüngsten Entwicklungen: +++ Festnahme und Anklage (capital.de) +++ FTX und die winzige US-Bank (bankingclub.de) +++ FTX-Insolvenzverwalter vor US-Kongress (handelsblatt.com – Paywall) +++ Kautionsantrag abgelehnt (spiegel.de) +++ 1300 US-Dollar pro Stunde für FTX-Insolvenzverwalter (cnbc.com) +++ Jahrelanger Betrug durch FTX (nytimes.com – Paywall) +++ So will SBF FTX-Anleger entschädigen (t3n.de) +++ FTX-Skandal ist auch Politik-Spendenskandal (motherjones.com) +++ Bis zu 15 Jahre Haft für Sam Bankman-Fried möglich (bloomberg.com)
Fachkräftemangel im Finanzsektor: Obwohl aktuell überall fleißig Stellenabbau betrieben wird, sollten Banken und Fintechs den Blick in die Zukunft richten und ihre Personalbestände im Auge behalten. So sei laut der Autor:innen dieses Beitrags auch bei Banken, Sparkassen und Versicherungen Fachkräftemangel zu erwarten. Wie schon heute durch Personalgewinnung, – bindung und -entwicklung gegengesteuert werden kann? Hier gibt es Hinweise und ein Fazit: finanz-szene.de
Krypto-Mining im verlassenen Staudamm: Auch auf die Gefahr hin, dass das Kryptothema (mal wieder) etwas zu viel Raum bekommt… diese Geschichte ist einfach zu tief und spannend, um sie wegzulassen. Im Libanon bieten ungenutzte Dämme einer geheimen Gemeinschaft von Krypto-Minern eine Untergrund-Heimat. Inmitten einer bröckelnden Wirtschaft und trotz häufiger Stromausfälle und Polizeirazzien wird hier weitergeschürft. restofworld.org
Chance oder Technoloige-Hype: Der Hype um das Metaverse wird offenbar nicht von allen geteilt. Deutsche Unternehmen und auch die Banken sehen nur wenig Potential. der-bank-blog.de [gesponsert]
– Das Beste zum Schluss –
Als Fan direkt in Sportler:innen investieren: Wer trotz Boykottabsichten doch mal ein Auge auf die aktuelle Fußball-WM in Katar geworfen hat, dem wird auch die quasireligiöse Huldigung der jeweiligen Fanlager für einzelene Stars aufgefallen sein. Mit dem Start von Fantium erhalten Sportfans mit Geldanlage-Ambitionen jetzt die Möglichkeit, direkt in den Messi, Ronaldo oder Musiala von morgen zu investieren. Dabei sollen Fans Anteile an zukünftigen Preisgeldern oder Karriereeinnahmen erwerben. Direkt von der Athletin oder dem Athleten – und zwar (man möchte fast sagen natürlich) in Form von NFTs. fantium.com
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Gunnar Hassel ist freier Online-Redakteur und Content-Experte mit Schwerpunkt Finanz-Innovationen und Tech-Start-ups.