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Fintech-Vorstellung: Das ist das Geschäftsmodell von Giromatch

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  • Clas Beese

    Clas Beese ist freier Journalist und Content Creator für Fintech. Er ist Gründungsherausgeber von „Zebra – Magazin für Sustainable Finance“.

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Und jetzt ihr:

Kennt ihr bereits Deutschlands größte und vielseitigste Fintech-Veranstaltung? Die Fintech Week veranstalten wir das nächste Mal vom 26.–30. September 2022.

Diese Woche ist Giromatch an den Start gegangen, eine neue Crowdlending-Plattform aus Frankfurt. Das Unternehmen hatte bereits vorher seine Spuren im Netz hinterlassen, doch das tatsächliche Geschäft für Anleger und Kreditnehmer beginnt jetzt erst. Zum Launch haben wir mit Robin Buschmann, einem der drei Gründer von Giromatch, über Geschäftsmodell, Wettbewerber und das Henne-Ei-Problem gesprochen. Wer das Business Model Canvas kennt, wird merken, dass wir uns für dieses Interview an dem Modell orientiert haben.

Interview mit dem Giromatch-Gründer

finletter: Robin, vielen Dank, dass du dir Zeit nimmst. Was genau macht ihr? Wen wollt ihr mit eurem Produkt erreichen?

Robin Buschmann: Giromatch ist eine Direct-Lending-Plattform. Wir bringen Anleger und Kreditnehmer auf unserer Plattform zusammen. Anders als bei anderen Crowdlending-Plattformen steht zwischen unseren Anlegern und Kreditnehmern ein Algorithmus. Auf Basis weniger Angaben können Anleger automatisch in ein breit gestreutes Darlehensportfolio investieren. Wir nennen es das Deutschlandportfolio. Wir wollen Anleger erreichen, die auf der Suche nach Anlagemöglichkeiten sind, aber nicht in Aktien investieren möchten, sondern in etwas leicht Verständliches ohne Marktschwankungen. Für Kreditnehmer bieten wir einen digitalisierten Online-Kredit an, den er in kürzester Zeit beantragen kann. Der Prozess ist sehr transparent, denn der Anleger kann ohne Anmeldung herausfinden, welche Rate er für einen Kredit bezahlen muss. Wir wollen Kreditnehmer erreichen, die die Vorteile einer digitalen Abwicklung zu schätzen wissen, und das mit Top-Konditionen von zurzeit durchschnittlich fünf Prozent kombinieren. Das entspricht den Konditionen von Hausbanken.

Das Geschäftsmodell der Crowdlending-Plattform Giromatch wird mit diesem Business Model Canvas dargestellt.
Business Model Canvas des Geschäftsmodells von Giromatch (Canvas: Clas Beese, finletter)

Was ist für eure Anleger anders als bei einem Sparbuch bei der Sparkasse?

Wenn ich mein Geld in ein Sparbuch anlege, ist das so, als wenn ich der Bank einen Kredit gebe und die Bank gibt dann auf der anderen Seite ihren Kreditnehmern einen Kredit. Als Anleger sehe ich aber nichts von den Zinsen, die die Bank verdient. Das ist bei uns anders. Die Sollzinsen, die der Kreditnehmer zahlt, werden eins zu eins an den Anleger durchgereicht.

Für das Sicherheitsbedürfnis habt ihr den Algorithmus erfunden, der das Geld der Anleger automatisiert diversifiziert. Smava hatte mal so etwas wie einen Sicherheitsausgleich. Gibt es so etwas bei euch auch?

Im Prinzip ja: Wir haben einen Sicherungspool für die Anleger. Mit jedem Euro, den wir als Plattformbetreiber verdienen, geben wir einen Anteil in diesen Pool. Über die gesamte Laufzeit soll dieser Pool wachsen und einspringen, falls Anlegern negative Renditen drohen. Das ist die Absicherung für die Anleger. Im Laufe der Zeit wollen wir Erfahrungen sammeln, wie hoch der Anteil für den Pool sein muss, um das Risiko abzudecken.

Ihr seid neu am Markt. Welche Kanäle wollt ihr nutzen, damit die Kunden von euch erfahren?

Wir sind eine Online-Plattform, unser wichtigster Vertriebskanal ist natürlich das Internet. Wir haben viele Google-Kampagnen geplant, über die wir die Kreditnehmer ansprechen wollen. 70 Prozent der potenziellen Kreditnehmer vergleichen auch online. Für Anleger wollen wir auch andere Kanäle bespielen. Mit Pressearbeit wollen wir die Vorteile unseres Deutschlandportfolios vermitteln. Zum Anfang machen wir in Frankfurt eine Aktion in Bus und Bahn. Wenn das erfolgreich ist, dann folgen andere Städte.

Kann man euch anrufen? Kann man euch besuchen?

Unsere Zentrale ist in Frankfurt. Kaum ein Kunde wird wohl zu uns nach Frankfurt fahren wollen, nur um mit uns zu reden. Wir denken bei der Kundenkommunikation grundsätzlich an eine digitale Kommunikation: Jeder Kunde hat bei uns im Login-Bereich ein digitales Postfach, damit kann er jederzeit mit uns kommunizieren. Wir haben eine Hotline, bei der die Kunden jederzeit anrufen können. Wir sind ein digitales Unternehmen ohne Filialgeschäft, und das ist ja die Idee, dass wir durch die digitale Abwicklung Kosten sparen. Für unsere Kunden.

Wie plant ihr, mit eurem Produkt Geld zu verdienen?

Wir haben einen Nachteil gegenüber Banken: Wir können uns nicht bei der Europäischen Zentralbank zu günstigen Konditionen refinanzieren. Diesen Nachteil müssen wir ausgleichen, da wir ja für die Kunden vergleichbare Konditionen anbieten. Unsere Antwort sind konsequent digitale Prozesse. Vom Onboarding, der Kreditentscheidung bis zur Auszahlung ist alles digitalisiert. Wir können so sehr kostengünstig Kapitalangebot und -nachfrage zusammenbringen und abwickeln. Wir nehmen einmalig eine Vermittlungsprovision, wobei unsere Marge nur 30 Prozent von dem ist, was Banken üblicherweise nehmen, um profitabel zu wirtschaften. Von der Marge geht ein kleiner Teil in den Sicherungspool.

giromatchWas sind die größten Kostenblöcke bisher und wo gebt ihr das mühsam eingeworbene Geld in den nächsten Monaten wieder aus?

Wir sind im Bereich Fintech unterwegs. Wir halten alle regulatorischen Anforderungen ein und setzen diese auch um. Bei der Produktentwicklung war das der größte Kostentreiber, sowohl monetär als auch in Bezug auf den Zeitaufwand. In Zukunft werden unsere größten Kostenblöcke Personal und Marketing sein. Auch online ist der Markt für Finanzprodukte sehr umkämpft, wir kalkulieren deswegen für Personal und Marketing mit 80 Prozent der gesamten Kosten.

Was ist für euch teurer: die Akquise von Kreditnehmer oder von Anlegern?

Wir erwarten, dass die Akquise von Kreditnehmern deutlich teurer sein wird. Wir haben ein Niedrigzinsumfeld. Jede Bank möchte Kredite vergeben, um ihr Geld anzulegen. Das ist eine attraktive Anlageklasse. Wenn ich es breit streue, habe ich einen gut planbaren Zahlungsstrom ohne Marktschwankungen bei limitierten Risiken. Der Kreditmarkt ist also heiß umkämpft. Um überhaupt erfolgreich sein zu können, müssen wir gute Konditionen bieten. Viele Anleger suchen händeringend nach Alternativen. Beim Tagesgeld oder Sparkonto liegen die Zinsen zwischen 0 und 0,5 Prozent. Die Deutschen legen nicht so viel in Aktien an. Da fehlt einfach etwas zwischen Sparbuch und Aktien. Unser Deutschlandportfolio soll hier eine Alternative bieten, wobei wir mit 3,5 bis 4 Prozent Bruttorendite rechnen. Das ist eine Anlageklasse, die es bisher am Markt gar nicht gab. Wir erwarten deshalb eine hohe Nachfrage und denken, dass die Akquise von Anlegern deutlich einfacher sein wird.

Wer sind für Giromatch bisher die wichtigsten Partner?

Zum einen ist das Risk Research, die mit uns das Risikomanagement aufgebaut haben und über sehr viel Erfahrung verfügen. Zum zweiten die Fidor Bank als unsere Servicebank, mit der wir einen digitalen Prozess überhaupt erst umsetzen konnten. Und zum dritten natürlich unsere Investoren, vor allem ehemalige Weggefährten aus dem Banking, die an die Idee und die Umsetzung glauben und uns unterstützen.

Jetzt geht die spannende Phase los. Was sind in den nächsten sechs Monaten die Prioritäten?

Ganz oben auf der Liste steht, Kunden-Feedback einzusammeln. Was finden die Kunden gut an unserem Produkt, was funktioniert nicht so gut? Wie können wir wachsen? Je mehr wir wachsen, desto besser wird unser Produkt.

Braucht ihr dafür mehr als nur Geld? Habt ihr genug davon?

Wir sind für das Jahr 2016 gut mit Geld ausgestattet. Wir brauchen natürlich Expertise im Bereich Risiko-Management, im Bereich Produkt-Management und natürlich auch die Kapazitäten für die technische Umsetzung. Die wichtigsten Ressourcen haben wir im Haus. Unser Gründerteam besteht aus einem Risiko-Manager, einem Produkt-Manager und einem Programmierer.

Crowdlending funktioniert nur, wenn man genügend Anleger und ausreichend Kreditnehmer hat. Wie löst ihr das Henne-Ei-Problem?

Bei uns laufen die Prozesse parallel an. Der Kreditnehmer stellt einen Antrag. Der muss zurzeit leider noch ausgedruckt und unterschrieben werden. Damit vergehen ein paar Tage zwischen Kreditantrag und tatsächlicher Auszahlung. In der Zeit kumulieren wir die gesamten Anleger-Interessen und matchen diese anschließend mit den genehmigten Kreditanträgen. Der Prozess geht deutlich schneller, das macht der Algorithmus. Wir werden beim Marktstart natürlich nicht sofort die höchstmögliche Streuung für jeden Anleger erreichen. Sinnvoll ist deshalb gerade zu Beginn für Anleger, über einen Zeitraum von mehreren Monaten anzulegen, um eine noch breitere Streuung zu erreichen.

Was bedeutet es denn, über mehrere Monate anzulegen? Gebe ich euch als Anleger eine Einmalzahlung, die ihr dann anlegt, oder gibt es einen Dauerauftrag?

Das gibt es noch nicht. Jede Anlageentscheidung ist eine individuelle Entscheidung des Anlegers. Wenn ich mich einmal entschieden habe, zum Beispiel 500 Euro anzulegen, dann muss ich das bei Giromatch bestätigen und einzahlen. Wenn ich über mehrere Monate anlegen möchte, muss ich im nächsten Monat einen neuen Betrag anlegen. Ein Sparplan ist ein Feature, an dem wir in Zukunft arbeiten werden, um das Produkt noch einfacher und bequemer zu machen.

Also kommt der Vorschlag vom Algorithmus und der Anleger hat ein Vetorecht. Gibt es das schon oder seid ihr die ersten, die das so machen?

Hier in Deutschland sind im Privatkundenmarkt Auxmoney und Lendico relevant. Beide haben ähnliche Modelle implementiert. Wir haben diesen Prozess noch einmal weiter entwickelt und machen aus diesem Prozess ein Produkt. Wer mit dem Deutschlandportfolio Geld anlegen möchte, der wählt die Laufzeit aus und überweist den Betrag. Mehr braucht er nicht zu machen. Alles andere passiert automatisch im Hintergrund durch den Algorithmus. Das ist eine Weiterentwicklung im Crowdlending. Ein Vetorecht gibt es dabei allerdings nicht für den Anleger. Der Algorithmus könnte sonst nicht gleichzeitig für eine Vielzahl von Anlegern die Anlage optimieren.

Ich habe keine Fragen mehr. Möchtest Du noch etwas sagen?

Wie sind natürlich sehr gespannt auf unseren Markteintritt und voller Vorfreude. Wir laden alle auf unsere Plattform zum Ausprobieren ein. Man kann das Deutschlandportfolio bereits ab einem Anlagebetrag von 200 Euro testen. Man kann bei uns jederzeit völlig unverbindlich seine Kreditkonditionen anfragen und genau so günstig wie bei der Hausbank einen Kredit beantragen, nur deutlich schneller und bequemer. Und wir sind dankbar für jedes Feedback, positives genauso wie kritisches.

Robin, vielen Dank für das Gespräch. Alles Gute für den Start!

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