Vergleichsportale wie Verivox und Check24 werden sich zwischen Bank und ihre Kunden drängen. Lesen Sie hier, wie die Banken ihr Geschäftsmodell anpassen sollten und warum die Deutsche Bank die passenden Pläne dafür längst in der Schublade hat.
Bisher konzipieren Banken Finanzprodukte und verkaufen diese dann exklusiv an ihre Kunden. Dieses Geschäftsmodell funktioniert solange, wie die Hausbank für die Kunden der erste – und idealerweise einzige – Ansprechpartner in allen Finanzfragen ist.
Doch diese Vormachtstellung des exklusiven Vermittlers drohen die Banken mittelfristig zu verlieren. Denn gerade bei den 16- bis 36-Jährigen ist das Misstrauen gegenüber Banken sehr ausgeprägt. Diese Generation sehnt sich geradezu nach Alternativen und sieht als erste Anlaufstelle meist Vergleichsportale. Daher wäre es für Check24, Verivox & Co. kein großer Schritt, sich komplett zwischen Kunden und Bank zu drängen und selbst die Vermittlung der unterschiedlichen Finanzprodukte zu übernehmen. Das wäre die Disintermediation! Die Banken würden dann nur noch als Dienstleister mit Banklizenz im Hintergrund dienen. Verivox macht gerade erste Schritte in diese Richtung: Am Montag wurde bekannt, dass das Portal das insolvente Fintech-Start-up Outbank übernimmt.
Verivox einfach den Markt überlassen?
Banken können nun entweder den Ansatz, erster Ansprechpartner für ihre Kunden zu sein, aufgeben. Oder das Schreckensszenario verhindern und ihren Status als vertrauensvolle Hausbank bewahren bzw. wiederherstellen. Das kann gelingen, indem sie sich als (unabhängiger) Finanzdienstleister mit einem „Open-Architecture-Ansatz“ positionieren.
Heißt: Die Kunden erhielten dann nicht nur Informationen zu den Produkten ihrer Hausbank, sondern auch zu den Produkten von allen wesentlichen Banken, Vermögensverwaltungen und Fintechs – und idealerweise auch Versicherungen, Rechtsanwälten, Steuerberatern. So hätten die Kunden bequemen Zugang zu einem breiten Spektrum von Lösungen und Dienstleistungen ausgewählter Anbieter in allen für sie komplexen und „lästigen“ Themenbereichen. Sie könnten die Angebote vergleichen und die für ihre Bedürfnisse und ihr Budget optimale Lösung aussuchen. Wie in einem Supermarkt.
Doch nicht nur die Kunden würden von solch einem „Finanzsupermarkt“ profitieren, sondern auch die Banken. Sie würden wertvolle Informationen erhalten, sowohl über die Produkte und Konditionen der Wettbewerber als auch – vor allem – über die Bedürfnisse und Präferenzen ihrer Kunden. Auf der Basis könnten Bankberater zielgerichteter eingesetzt und leichter maßgeschneiderte Angebote erstellt werden. Die Kundenbeziehung würde dadurch gefestigt und die Kundenzufriedenheit sowie -bindung erhöht. Und selbst wenn der Kunde sich mal für ein Produkt eines Drittanbieters entscheiden sollte, bleibt er im Ökosystem der Bank und generiert zumindest Provisionen durch den Produktanbieter.
Der nicht so geheime Vorteil der Deutschen Bank
Die Deutsche Bank hat diese Vorteile und Möglichkeiten dieses Ansatzes bereits im Jahr 2000 erkannt und moneyshelf.de an den Markt gebracht. Über die Plattform konnten Kunden sich ihre konsolidierte Finanzsituation anzeigen lassen, Finanzprodukte verschiedener Anbieter vergleichen, auswählen und online abschließen. Doch die Umsetzung kam zu früh. Weder die Technologie noch die Kunden waren bereit. So schmälerten lange Ladezeiten die Nutzerfreundlichkeit enorm und Bankgeschäfte im Internet wurden überwiegend abgelehnt.
Diese Hemmnisse bestehen heute nicht mehr. Im Gegenteil: Die Technologie ist weit vorangeschritten und PSD2 wird einen weiteren Schub bringen. Die Kunden sind voll im digitalen Zeitalter angekommen, dank Smartphone permanent online und wenden sich mittlerweile sehr aufgeschlossen neuen technologischen Banking-Ansätzen zu.
Die Deutsche Bank täte somit gut daran, die moneyshelf.de-Pläne wieder aus der Schublade zu holen. Denn es ist absehbar, dass die Bank, die sich zeitnah für solch einen Ansatz entscheidet, einen erheblichen Wettbewerbsvorteil haben wird. Sie würde sich nämlich die Pole Position als bevorzugter Partner der Kunden nachhaltig sichern, zumindest bei den anspruchsvolleren (und höher margigen) Dienstleistungen und Produkten.
Das wäre dann genau wie mit den Verbrauchern, die für Frischwaren und höherwertige Artikel auch weiterhin zu Rewe und Edeka gehen – und eben nicht zu Aldi oder Lidl.
Autor
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Friedrich-W. Kersting befasst sich seit 2012 mit dem Thema Fintech, zunächst theoretisch als Professor an einer privaten Hochschule, dann operativ bei einem Banken-Start-up und aktuell bei einer Schweizer Großbank. Zuvor war der an der Hochschule St. Gallen promovierte Kersting zehn Jahre im Private Banking in Deutschland und der Schweiz tätig.