Ein Kommentar von Volker Wohlfarth, Geschäftsführer von zinsbaustein.de, zum Kleinanlegerschutzgesetz
Schwarmfinanzierungen für den Bau von Wohnprojekten, Bürogebäuden, Studentenappartments und Pflegezentren sind ein Erfolgsmodell. Das zeigt nicht zuletzt das rasante Wachstum im Markt für Crowdinvesting in Immobilien. Die großen Plattformen konnten in 2017 mehr als 130 Millionen Euro von der Crowd einsammeln und damit das Jahresvolumen von ca. 40 Millionen Euro in 2016 deutlich steigern.
Das Geschäftsmodell des Immobilien-Crowdinvestings, die Vermittlung von Kapital zwischen Privatanlegern und Projektentwicklern, macht den intransparenten Markt für Mezzanine-Finanzierung, der bisher Family Offices und großen Investoren vorbehalten war, auch für Kleinanleger zugänglich. Verglichen mit klassischen Anlageformen bieten Schwarmfinanzierungen in der derzeitigen Niedrigzinsphase eine verhältnismäßig hohe und vor allem festverzinste Rendite von aktuell zwischen 4 und 7 Prozent per annum. Das Produkt Immobilien-Crowdinvesting trifft auf eine hohe Nachfrage bei privaten Investoren, die aktuell nach einer sinnvollen Anlagealternative in der Niedrigzinsphase suchen.
Demokratisierung der Geldanlage bedroht
Mit einer möglichen Änderung des Kleinanlegerschutzgesetzes wird diese „Demokratisierung“ der Geldanlage jedoch bedroht, möglicherweise droht sogar der jungen Branche das Aus. Sollten die Vorstellungen aus Teilen der Politik Wirklichkeit werden, wonach Schwarmfinanzierung von Bauprojekten nicht mehr von den Vorschriften des Kleinanlegerschutzgesetzes befreit sind, würden Zehntausende Kleinanleger, die in den vergangenen drei Jahren mit Summen ab 500 Euro am Immobilienboom mitverdienen konnten, von diesem Anlagesegment ausgeschlossen.
Die engen Grenzen des Kleinanlegerschutzgesetzes sehen bislang eine Ausnahme für Schwarmfinanzierungsprojekte mit einem Volumen von bis zu 2,5 Millionen Euro vor, die von jedem einzelnen Anleger nicht mehr als maximal 10.000 Euro einsammeln. Sollte dieser Maximalbetrag abgesenkt werden, wäre Immobilien-Crowdinvesting in seiner aktuellen Gestalt kaum mehr möglich. Es müsste ein umfangreicher Prospekt erstellt werden, mit allen damit einhergehenden Nachteilen, wie zum Beispiel höherer Zeitbedarf für Erstellung und Freigabe des Prospektes, höhere Kosten, die indirekt auf die Investoren umgelegt würden, sowie höhere Mindestinvestitionsbeträge.
Projektentwicklern bleibt innovativer Zugang zu Kapital versperrt
Bevor die Politik einer jungen Wachstumsbranche die Daumenschrauben anlegt, sollte sie bedenken, dass auch Projektentwickler und Baufirmen von einer stärkeren Regulierung des Crowdinvestings betroffen wären. Ihnen bliebe dann ein schneller, günstiger und innovativer Finanzierungsweg versperrt.
In Zeiten von Wohnungsnot in den Ballungsräumen würden damit falsche Prioritäten gesetzt. Denn es besteht ein starker Neubaubedarf in unterschiedlichen Sektoren. Neuen Wohnraum, auch für junge Zielgruppen wie Studenten oder für altersgerechtes Wohnen, wird die Privatwirtschaft anbieten, wann immer dazu die Nachfrage besteht. Damit die Immobilienbranche jedoch zur Lösung gesellschaftlicher Probleme beitragen kann, benötigt sie für Neubauten einen schnellen Zugang zu Kapital, zum Beispiel via Crowdinvesting.
Nichtsdestotrotz sollte die Branche für die Herstellung von mehr Transparenz und Vergleichbarkeit über die Kriterien der einzelnen Anbieter sorgen. Um eine Gesetzesverschärfung zu verhindern, sollten die einzelnen Plattformen Kapitalgeber noch transparenter darüber informieren, in welche Produkte sie investieren. Zudem müssen die Plattformen sicherstellen, dass nur qualitativ hochwertige Projekte zur Finanzierung angeboten werden – im besten Fall in Kooperation mit erfahrenen Projektentwicklern, die ihre Expertise schon unter Beweis gestellt haben.
Volker Wohlfarth ist Geschäftsführer von zinsbaustein.de und für Marketing, Produkt und IT verantwortlich. Er verfügt über langjährige Erfahrung aus der Internet- und Immobilienbranche, hat bei ImmobilienScout24, Erento, Ebay und Toshiba in unterschiedlichen Führungspositionen gearbeitet und liebt die Digitalisierung.
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Auf finletter kommen gelegentlich Gastautor:innen zu Wort.