Von Jana Alfke
Wer will eigentlich Bankgeschäfte tätigen? Die für die Finanzinstitute vielleicht frustrierende, dafür aber enorm wichtige Erkenntnis ist: niemand. Was aber jeder will (und braucht), sind die Möglichkeiten, die Bankgeschäfte bieten: einen Ort, wo mein Geld sicher aufgehoben ist; einfachen Zugriff auf das Geld, wenn ich etwas kaufen oder eine Rechnung bezahlen will; eine Vermehrung meiner Ersparnisse; und auch Zugang zu zusätzlichem Geld in Form von Krediten und Darlehen für eine größere Anschaffung wie ein Auto oder ein Haus.
In vielerlei Hinsicht sind Bankgeschäfte wie elektrischer Strom: Niemand hat den ausgesprochenen Wunsch nach Elektrizität in seinem Haus. Was wir wollen, ist die Möglichkeit, Lebensmittel frisch zu halten, im Dunkeln zu sehen, eine warme Wohnung zu haben oder fernzusehen. Die Geräte, die wir zu Hause verwenden, werden einfach an das Stromnetz angeschlossen. Strom ist irgendwie unsichtbar – er wird Teil der Geräte, die wir täglich benutzen.
Bankgeschäfte werden „embedded”
Man stelle sich vor, in Zukunft würde Elektrizität mit den Produkten, die sie verbrauchen, kombiniert. Anstatt einen Kühlschrank für 1.500 Euro zu kaufen und dann separat für Strom zu bezahlen, bezahlt man dann beispielsweise 400 Euro pro Jahr über eine Laufzeit von fünf Jahren für Kühlschrank und Stromverbrauch. Dieser Ansatz würde es auch einfacher machen, Verbraucher zum Kauf energieeffizienter Geräte zu bewegen. Heute kostet eine Halogenlampe 2 Euro und eine LED-Lampe in etwa das Doppelte. In einem oben beschriebenen „Device as a Service (DaaS)”-Modell könnten die Kosten für die Halogenlampe 1,50 Euro pro Jahr und für die LED nur 50 Cent betragen: Die Kalkulation wäre ehrlicher und würde es zugleich einfacher machen, die richtige Entscheidung zu treffen.
Zurück zu den Bankgeschäften: Auch wenn es auf den ersten Blick vielleicht nicht erkennbar ist, ist hier eine vergleichbare Entwicklung im Gange. Beispielsweise bei Autokrediten: Laut einer Studie von FT Partners erfolgen in den USA mehr als die Hälfte (52 Prozent) der Neuwagenfinanzierungen über Kreditgeber, die in das Autohaus eingebettet sind. Verbraucher haben nicht den expliziten Wunsch nach sechs Jahren Schulden, aber eingebettet in den Prozess erleichtert das Darlehen den Kauf eines Autos. Eine ähnliche Rolle übernimmt die Kreditkarte an der Kaufhauskasse. Amazon bietet seinen Kunden im Bezahlprozess die Möglichkeit, eine Kreditkarte von Visa mit einer 70-Euro-Startgutschrift zu erhalten, dabei wird die Beantragung durch Übernahme der Account-Informationen auf einen Klick reduziert.
Daten steuern den Prozess
Dieses „Einbetten” von Bankgeschäften (auf englisch „Embedded Banking”) wird in immer mehr Transaktionen Teil der Kundenerfahrung. Voraussetzung eines solchen Embedded-Banking-Modells ist, dass Daten von überall mit einem Finanzinstitut ausgetauscht werden können. Dadurch wäre es möglich direkt mit der Schulanmeldung ein Sparkonto für die Ausbildung eines Kindes zu eröffnen; beim Hauserwerb über den Immobilienmakler eine Hypothek zu beantragen; einen Kredit für ein kleines Unternehmen über die genutzte Online-Buchhaltungssoftware zu beantragen.
Letzteres ist zumindest in den USA bereits möglich. Benutzer der Online-Buchhaltungssoftware Quickbooks von Intuit können einen Kreditantrag mit ihren Quickbooks-Daten vorausfüllen und zur schnellen, automatisierten Entscheidung an ein Panel von Kreditgebern übermitteln. Die Buchhaltungssoftware warnt etwa bei Liquiditätsengpässen und schlägt einen Überbrückungskredit vor. Dazu müssen weder eine Bank besucht noch Informationen erneut eingeben werden, die bereits in Quickbooks enthalten sind. Kommt das Geschäft zustande, wird das Geld direkt auf das Bankkonto des kleinen Unternehmens eingezahlt und der Kleinunternehmen kann seine Geschäfte ohne Unterbrechung weiterführen.
Bankgeschäfte werden durch Embedded-Banking dorthin verlagert, wo sie benötigt werden, und der erforderliche „Papierkram” wird auf ein Minimum reduziert. Was das für die heute Bankenlandschaft bedeutet, ist aber ein ganz anderes Kapitel.
Unsere Gastautorin Jana Alfke arbeitet als Senior PR Consultant bei der Agentur Public Footprint, wo sie sich vor allem auf die Themen Banking, Fintechs und alles was mit digitaler Transformation zu tun hat konzentriert. Ihr Motto dabei: Den Blick auch mal aus einer anderen Perspektive auf Themen zu richten und den Fokus zu verändern.
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Auf finletter kommen gelegentlich Gastautor:innen zu Wort.