Zu den verheißungsvollen Innovationen der ersten Fintech-Welle gehört Robo Advice. Bänker und Fintechs einerseits und Medien andererseits stürzen sich gern auf dieses Thema, verspricht es doch massive Kosteneinsparungen und damit einen handfesten Wettbewerbsvorteil. Für die Medien und ihre Leserschaft gehört es zu den Dingen, die gleichzeitig aufregend und relativ leicht begreifbar sind: „Gestatten: Kollege Roboter“ oder „Die Robos kommen“ rauscht es dann im Blätterwald. Aber: Wie Robo sind die Robo Adviser eigentlich wirklich?
Dazu müssen wir uns einmal anschauen, was diese Robos eigentlich tun. Unter dem Label Robo Advisor laufen diverse Ansätze von Banken und Fintechs, die Anlageberatung im Wertpapierbereich kostengünstig zu automatisieren. Aber auch im Versicherungsbereich verkündeten einige Insurtechs, auf Robos setzen zu wollen. Doch hier steckt die Technologie noch deutlich in den Kinderschuhen, während sie im Bankingbereich – vermeintlich – reif und zunehmend etabliert ist.
Einfache Entscheidungsbäume und fixe Portfolios
Dazu darf sich der Nutzer bei der Registrierung durch einen Fragenkatalog zu seinen Erfahrungen mit Wertpapieren, seiner Risikoneigung und seinem Anlagehorizont klicken. Fragen, die ansonsten tatsächlich von einem menschlichen Berater gestellt und abgearbeitet werden.
Aus der Auswertung der Fragen errechnet sich dann meist eine Risikoklasse. Danach wird der Kunde in der Regel stumpf in eines von mehreren vorgefertigten Portfolios gesteckt. Die Anzahl dieser Musterportfolios variiert je nach Anbieter zwischen drei und dreißig. Eher low tech als wirklich Robo.
Unterschied zum Dachfonds mehr theoretischer Natur
In diesen Portfolios befinden sich bei eigentlich allen Anbietern überwiegend verschiedene ETFs. Bei manchen werden zudem noch aktiv gemanagte Fonds beigefügt. In bestimmten Intervallen passt dann ein Algorithmus die Zusammensetzung des Portfolios an die ursprünglich berechnete Risikoneigung des Kunden an. Schließlich verändert sich die prozentuale Verteilung der einzelnen Anlageklassen durch deren unterschiedliche Performance. Das sogenannte Rebalancing korrigiert das und stellt die ursprünglichen Verhältnisse wieder her. Das passiert je nach Anbieter mindestens einmal jährlich, bei anderen aber auch mal wöchentlich.
Für diese Leistungen kassiert der Robo Advisor eine prozentuale Verwaltungsgebühr – und reicht in der Regel auch die Kosten der einzelnen Fonds an den Anleger weiter. Da die Portfolios in der Regel wenig bis gar nicht individualisiert sind, darf man die meisten sogenannten Robos dann doch eher als verkappten Dachfonds bezeichnen. Die tatsächlichen Unterschiede zu einem Dachfonds dürften jedenfalls eher theoretischer Natur sein. Die im Vergleich tendenziell geringeren Kosten der Robos resultieren dann auch mehr daraus, dass sie eher auf kostengünstige ETFs setzen. Dachfonds nutzen dagegen gern die teureren aktiven Fonds. Irgendwie muss der Dachfonds-Manager ja den Porsche Cayenne für seine Geliebte und das Pony für seine Tochter finanzieren.
Erst mit AI wird es wirklich Robo
Damit wir uns nicht falsch verstehen: Das alles soll nicht den Erfolg und die Verdienste von Robo Advisorn schmälern. Sie haben mindestens die Kosten und auch die Einstiegsbeträge für eine strukturierte Vermögensverwaltung gesenkt und sie damit ein Stück weit demokratisiert. Nur wirklich Robo ist das bisher alles nicht. Eine automatisierte Beratung, wie es der Begriff und die reißerischen Headlines in den Medien suggerieren, findet definitiv nicht statt. Stattdessen sehen wir eine Mischung aus computergestützter Selbstberatung und kostengünstiger Vermögensverwaltung.
Aber Robo wird noch kommen, sobald sich ein weiterer Megatrend weiterentwickelt hat: künstliche Intelligenz (machine learning) und Big Data. Wenn selbstlernende Algorithmen damit beginnen, die Kapitalmärkte zu analysieren und zu verstehen und darauf basierend an den Märkten zu investieren. Dann erst bieten sie einen echten Mehrwert, der über die reine Kostenersparnis hinausgeht. Sie könnten dann komplexe Muster und Zusammenhänge erkennen, die menschlichen Analysten und Vermögensverwaltern schlicht verborgen bleiben. Und sie könnten nach einer Lernphase zudem die wirklich individuelle Risikoneigung eines Kunden analysieren und maßgeschneiderte Anlagestrategien entwickeln und verfolgen.
Dann werden sich die Robos ihren Namen auch wirklich verdienen.
Autor
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Caro Beese ist freie Journalistin und Ideengeberin mit den Schwerpunkten Female Finance und Sustainable Finance.